Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by htw9056, Monday, January 23, 2023, 09:21 (668 days ago)
edited by htw9056, Monday, January 23, 2023, 09:29

Hallo Micha,

ich möchte noch einmal dieses Thema aufgreifen, da ich die Berechnung der A-priori Unsicherheit und der Gruppenunsicherheit für Richtungsmessungen korrekt nachvollziehen möchte.
Ausgangssituation: Ich habe ein 2D Richtungs- und Streckennetz

Wenn ich es richtig verstehe, setzt sich die Messunsicherheit (MU) einer Gruppenbeobachtungen für Richtungsmessungen nach folgender Formel zusammen: MU = σa[gon] + σb(√d)[m] + σc(d)[m]
Da die Werte für σb(√d) und σc(d) in [m) vor liegen, müssen diese zunächst in gon umgerechnet werden.
σb(√d) = arcsin(σc/√d)
σc(d) = arcsin(σc/d)
Ist dies erst einmal korrekt?

In einem Bsp. wurden folgende globalen Messunsicherheiten eingetragen:
σa = 0,00034 gon (0,34mgon)
σb(√d) = 0,000 m
σc(d) = 0,00115 m (1,15 mm)

Folgende Werte für P1(MU) im Bsp.:
P1(d) = 59,856 m
P1(MU) = σa + arcsin(σc/√d) + arcsin(σc/d)
P1(MU) = 0,00034[gon] + 0,00000[gon] + arcsin(0,00115/59,856)[gon] = 0,00156[gon] (1,56 mgon)

Wenn nur die Werte für die Gruppenunsicherheit (siehe Bsp.) hinterlegt werden, wird ein Ergebnis für P1(log(Post)) = -6,58 berechnet.
Wenn ich für P1 die A-priori Unsicherheit 0,00156[gon] hinterlege, wird für P1(log(Post)) = -5,75 ausgegeben.

Müssten die Ergebnisse nicht identisch sein?
Ist das so gewollt oder habe ich einen falschen Denkansatz?

locked
1058 views

Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by Micha ⌂, Bad Vilbel, Monday, January 23, 2023, 10:15 (668 days ago) @ htw9056

Hallo htw9056,

zunächst wünsche ich Dir noch ein gesundes neues Jahr!

Wenn ich es richtig verstehe, setzt sich die Messunsicherheit (MU) einer Gruppenbeobachtungen für Richtungsmessungen nach folgender Formel zusammen: MU = σa[gon] + σb(√d)[m] + σc(d)[m]

Die Darstellung ist etwas vereinfacht. Die Werte werden nicht einfach addiert, sondern mittels Varianzfortpflanzung kombiniert. Das stochastische Modell lautet für Richtungen

$\sigma_t = \sqrt{\sigma_a^2 + \left(\frac{\sigma_b} {\sqrt d} \right)^2 + \left(\frac{\sigma_c} d \right)^2 }$

wobei $\sigma_a$ ein entfernungsunabhängiger Anteil ist und $\sigma_b$ bw. $\sigma_c$ entfernungsabhängig sind.

Da die Werte für σb(√d) und σc(d) in [m) vor liegen, müssen diese zunächst in gon umgerechnet werden.
σb(√d) = arcsin(σc/√d)
σc(d) = arcsin(σc/d)
Ist dies erst einmal korrekt?

Die verwendete Umrechnung in eine Winkeleinheit ist in meiner gezeigten Gleichung bereits erkennbar. Es wird, da die Unsicherheit im Verhältnis zur Strecke deutlich kleiner ist, auf die Bodenformel zurückgegriffen. Der Winkel ergibt sich damit (in Radiant) allgemein aus $\alpha = \frac{b}{r}$.

In einem Bsp. wurden folgende globalen Messunsicherheiten eingetragen:
σa = 0,00034 gon (0,34mgon)
σb(√d) = 0,000 m
σc(d) = 0,00115 m (1,15 mm)

Folgende Werte für P1(MU) im Bsp.:
P1(d) = 59,856 m
P1(MU) = σa + arcsin(σc/√d) + arcsin(σc/d)
P1(MU) = 0,00034[gon] + 0,00000[gon] + arcsin(0,00115/59,856)[gon] = 0,00156[gon] (1,56 mgon)

Die Werte werden nicht addiert sondern mittels Varianzfortpflanzung kombiniert, siehe meine Gleichung oben oder den Eintrag in der Dokumentation. Im Report werden für alle Beobachtungen die aus den Gruppeneinstellungen bestimmte (kombinierte) Messunsicherheit ausgegeben. Mit diesen Werten kannst Du Deine Berechnung validieren. Die a-priori Unsicherheiten befindet sich in den Tabellen mit den Beobachtungen und werden für jede einzelne Beobachtung angegeben.

Viele Grüße
Micha

--
applied-geodesy.org - OpenSource Least-Squares Adjustment Software for Geodetic Sciences

Tags:
JAG3D, Report, stochastisches Modell, Messunsicherheit, Kombinierte Messunsicherheit, Richtungen

locked
1106 views

Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by htw9056, Monday, January 23, 2023, 03:07 (668 days ago) @ Micha

Hallo Micha,

dir auch ein gesundes neues Jahr.

Deine Formel hat mir sehr weiter geholfen. :-)
Dafür noch einmal vielen Dank.

Noch eine Frage zu "log(Ppost)".
Handelt es sich hier um eine Funktion des dekadischen Logarithmus log(x) oder dem natürlichen Logarithmus ln(x)?

LG

locked
1045 views

Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by Micha ⌂, Bad Vilbel, Monday, January 23, 2023, 06:13 (668 days ago) @ htw9056

Guten Abend,

Handelt es sich hier um eine Funktion des dekadischen Logarithmus log(x) oder dem natürlichen Logarithmus ln(x)?

Es wird der natürliche Logarithmus verwendet. Die logarithmische Darstellung wird hier nur verwendet, um kleine Zahlen zu vermeiden. Ich habe einen Hinweis in der Dokumentation hinzugefügt.

Viele Grüße
Micha

--
applied-geodesy.org - OpenSource Least-Squares Adjustment Software for Geodetic Sciences

Tags:
p-Wert, p-Value, Natürlicher Logarithmus

locked
1041 views

Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by Eddi, Wednesday, January 25, 2023, 04:12 (666 days ago) @ Micha

Hallo,

ganz blöd gefragt, aber welcher Fehler bei der Richtungsmessung wächst denn mit $\sqrt(d)$?
$\sigma a$ und $\sigma c$ sind mit klar, aber zu $\sigma b$ fällt mir nichts passendes ein:-( :-( ....?

Eddi

locked
1014 views

Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by Micha ⌂, Bad Vilbel, Wednesday, January 25, 2023, 05:32 (666 days ago) @ Eddi

Hallo Eddi,

die entfernungsabhänge Unsicherheit via $\sigma_c$ wird mit zunehmender Distanz schnell klein und spielt bei großen Entfernungen dann keine wesentliche Rolle mehr. Wird $\sigma_b$ verwendet, so ist das Abflachen gedämpfter, sodass der entfernungsabhängige Anteil auch bei längeren Strecken noch erhalten bleibt, siehe die nachfolgende Graphik. Grundsätzlich gilt, dass weder $\sigma_b$ noch $\sigma_c$ verwendet werden müssen.

[image]

Bei Streckenmessungen wird üblicherweise ein konstanter und ein entfernungsabhängiger Anteil verwendet und in einem linearen Modell kombiniert. Insbesondere im Nahbereich zeigt sich häufig, dass diese lineare Approximation die tatsächlichen Unsicherheiten nicht abbildet und hier ein komplexeres Modell sachgerechter wäre. Wenn wir hier einer Meinung sind, dann können wir dies auf andere Messungen sinngemäß übertragen: Bei Winkelmessungen stellt die Verwendung von zwei Anteilen demnach auch nur eine erste Näherung dar, die in Grenzbereichen kaum/keine Gültigkeit aufweisen muss.

Die stochastischen Modelle sind in JAG3D alle gleichartig aufgebaut: Es gibt stets einen konstanten Anteil und zwei entfernungsabhängige Anteile, wobei der eine mit dem einfachen Abstand und der andere mit dem quadrierten Abstand an der Varianz beteiligt ist. Die für mich zweckmäßig erscheinenden Größen habe ich mit Defaultwerten versehen. Die übrigen sehe ich eher bei - wie auch immer gearteten - Spezialfällen...

Viele Grüße
Micha

--
applied-geodesy.org - OpenSource Least-Squares Adjustment Software for Geodetic Sciences

locked
1026 views

Messunsicherheit für Horizontalrichtungssätze

by Eddi, Thursday, January 26, 2023, 10:40 (665 days ago) @ Micha

Hallo,

alles klar, wieder was gelernt!

Danke!

locked
1025 views

RSS Feed of thread