Sollen aus geodätischen Messungen Koordinaten bestimmt werden, so liegt zunächst einmal ein Datumsdefekt vor. Über den Netzanschluss wird das geodätische Datum festgelegt und somit ein eindeutiger Bezug, zwischen der aus Messungen gewonnenen Netzgeometrie und dem Koordinatensystem hergestellt.
Für die Art des Netzanschlusses bzw. die Ausgleichungstypen bietet JAG3D die drei Standardvarianten:
Um die einzelnen Varianten zu realisieren stellt JAG3D vier Punktklassen zur Verfügung – entsprechend ihrer Dimension in Höhen-, Lage- und Raumpunkte unterteilt. Jeder Punkt muss dabei genau einer Klasse zugeordnet werden.
Festpunkte | definieren das geodätische Datum, im stochastischen Sinne als varianzfrei zu betrachten, d.h. ihre geometrische Position kann innerhalb der Ausgleichung als fest bzw. unveränderlich angesehen werden, üben Zwang auf ein Netz aus |
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Anschlusspunkte | definieren das geodätische Datum, besitzen eine Punktunsicherheit, innerhalb dieser kann ihre geometrische Position als beweglich angesehen werden, können Zwang auf ein Netz ausüben |
Datumspunkte | Neupunkte, welche bei einer freien Netzausgleichung näherungsweise das geodätische Datum definieren, das Netz bleibt dabei spannungsfrei gelagert |
Neupunkte | alle anderen Punkte, welche nicht einer der drei anderen Klassen zugeordnet werden können und deren Koordinaten in der Ausgleichung zu bestimmen sind |
Die Auswahl des Netzanschlusses bzw. Ausgleichungstyp erfolgt in JAG3D über die Kombination der vier Punktklassen, entsprechend der folgenden Tabelle.
Art des Netzanschluss | Festpunkte | Anschlusspunkte | Datumspunkte | Neupunkte |
---|---|---|---|---|
hierarchisch | x | (x) | x | |
dynamisch | (x) | x | x | |
frei | x | x |
Hinweis: Es ist theoretisch möglich, sowohl Festpunkte als auch Anschlusspunkte in einem Projekt für den Netzanschluss zu nutzen. Der realisierte Netzanschluss ist in diesem Fall teilweise hierarchisch bzw. teilweise dynamisch. Eine Kombination aus Datumspunkten und Festpunkten bzw. Datumspunkten und Anschlusspunkten ist hingegen nicht möglich!
Die hierarchische Netzausgleichung, oder auch Ausgleichung unter Zwang bzw. als fester Anschluss bekannt, ist der klassische Ansatz, bekannt aus der Landes- und Liegenschaftsvermessung. Hier werden mehrere Punkte als unveränderliche Festpunkte
verwendet und die neue Netzgeometrie in dieses übergeordnete VP-Feld eingepasst.
Bei der dynamischen Netzausgleichung bzw. weichen Lagerung wird den Anschlusspunkten
ein stochastischer Anteil zugestanden. Die neue Netzgeometrie wird nun auf diesen - innerhalb ihrer Genauigkeit - beweglichen Punkten möglichst optimal gelagert. Den Zwang, den stochastische Anschlußpunkte auf das Netz ausüben, richtet sich nach den gewählten a-priori Unsicherheiten dieser Punkte. Im Gegensatz zu Festpunkten werden bei Anschlusspunkten Parameter zur Identitäts- bzw. Qualitätsprüfung im Rahmen der Ausgleichung geschätzt.
Der wohl wichtigste Ausgleichungstyp ist die freie Netzausgleichung, da sie sich am besten zum Auffinden von Messfehlern in den Beobachtungen eignet. Grundsätzlich sind bei diesem Ausgleichungstyp alle Punkte als Neupunkte
zu betrachten und somit unbekannt. Da keine Konventionen zur Lagerung des Netzes getroffen wurden, ist eine eindeutige Schätzung der Koordinaten Aufgrund des Datumsdefektes nicht möglich. Zur Behebung des Datumsdefektes werden aus diesem Grund zusätzliche Bedingungsgleichungen in die Ausgleichung eingeführt. Diese Bedingungsgleichungen werden auf ausgewählte Netzpunkte oder auf alle im Netz befindlichen Punkte angewendet und beschreiben eine Auffelderung im Sinne einer Helmert-Transformation.
Um in JAG3D die Punkte zu klassifizieren, mit denen die Datumsbedingungen aufgestellt werden sollen, gibt es die Punktart Datumspunkte
. Da im Gegensatz zur hierarchischen und dynamischen Ausgleichung durch die Datums- bzw. Neupunkte kein zusätzlicher Zwang auf das Netz ausgeübt wird, eignet sich die freie Netzausgleichung ideal zur Grobfehlersuche und zur Abstimmung des stochastischen Modells. Die innere Netzgeometrie sowie die geschätzten Genauigkeiten der Netzpunkte werden ausschließlich durch die Beobachtungen selbst bestimmt. Auftretende Spannungen sind daher ausschließlich in den erhobenen Messdaten zu vermuten.
Einen Sonderfall stellt die zwangsfreie Lagerung bzw. Ausgleichung von Netzen dar. Der in der Normalgleichung auftretende Datumsdefekt wird dadurch behoben, dass genau so viele Elemente in der Matrix gestrichen werden, wie nötig sind, um den Defekt zu beheben. In einem Lagenetz können bis zu vier Datumsdefekte auftreten, die durch das Festhalten von zwei Punkten behoben werden können. Die innere Geometrie des Netzes bleibt bei diesem Vorgehen unverändert, da nur so viele Parameter aus der Normalgleichung gestrichen werden, wie zur Behebung des Defektes notwendig waren. Widersprüche in den Messungen resultieren, wie auch bei der freien Ausgleichung, aus den Messungen selbst. Für die in der Normalgleichung eliminierten Parameter können im Rahmen der Netzausgleichung keine Genauigkeitsmaße abgeleitet werden, sie gelten als varianzfrei. Daher wird diese Ausgleichung häufig auch als varianzfreie Berechnungsbasis bezeichnet.
Die ermittelten Neupunktkoordinaten hängen von der Wahl der gestrichenen Parameter ab. Folglich führt die zwangsfreie Ausgleichung zu einem anderen Koordinatenergebnis, wenn bspw. zwei andere Punkte zur Datumsbildung festgehalten werden. Die zwangsfreie Ausgleichung besitzt somit ähnliche Eigenschaften wie die freie Netzausgleichung und eignet sich zur Lokalisierung von groben Fehlern. Im Gegensatz zur zwangsfreien Lagerung werden bei der freien Netzausgleichung jedoch häufig mehrere Netzpunkte zur Datumsbildung herangezogen, sodass für diese Punkte auch Genauigkeitsmaße ableitbar sind.