Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Pierre, (1 day, 9 hours, 16 min. ago)

Hallo Micha,

ich habe Stück für Stück die Beispiele aus https://doi.org/10.1515/jag-2021-0043 mit JAG3D nachgerechnet und kann es soweit gut nachvollziehen. Nach den Ausführungen und Voraussetzungen im o. g. Artikel ist bei der Nutzung eines kombinierten, erweiterten stochastischen Modells (A und B-Anteile) und theoretischer Übertragung dessen (mit $\sigma_0 = 1$) auf die VCM bzw. $C_{xx}$ davon auszugehen, dass $s$ dann bestmöglich $u_{c}$ entspricht und die jeweiligen Varianzen dessen in der VCM stehen. Die berechneten Konfidenzgrößen entsprechen dann, abhängig vom gewählten $\alpha$, einem skalierten $U$.

Beim Nachrechnen habe ich mir die Skalierungsfaktoren zwischen $s$ und $a, b, c$ bzw. $u_c$ und $U_{a,b,c}$ angeschaut. Nach meinem Verständnis sollte der Faktor doch zwischen beiden Varianten bei gleichem $\alpha$-Niveau identisch bleiben? Ist er jedoch nicht, im erweiterten Modellfall ist der Skalierungsfaktor kleiner, warum?

Dieses Verhalten lässt sich auch bei anderen Praxis-Beispielen, die ich gerade versuche dahingehend zu optimieren, ebenso beobachten.

Den o. g. Faktor habe ich einfach manuell durch Division gebildet. Gibt es in JAG3D die Möglichkeit sich den Skalierungsfaktor bspw. für $C_{xx}$ abzuleiten, um so mit den skalierten Werten bspw. für eine Varianzfortpflanzung weiterzurechnen?

Anderer Sachverhalt, gleiches Thema:

Freie Netzausgleich eines Netzes im GMM, zweistufiges Vorgehen wie im o. g. Artikel ... die zu verwendeten Ergebnisse der Unbekannten und deren Qualitätswerte leiten sich aus dem erweiterten Modellfall ab. Anschließend erfolgt eine Punkteinschaltung, die einen stochastischen Anschluss erfordert.

Im üblichen Ansatz würde dann die geschätzte $s$ aus der Ursprungsmessung für die Anschlusspunkte zur Anwendung kommen. Um nach meinem Verständnis möglichst GUM-konform zu werden, würde dann abschließend $s$ bzw. $u_c$ aus dem erweiterten Modellansatz der Ursprungsmessung verwendet werden müssen.

Wie ist deine Meinung hierzu?

Vielen Dank und Grüße
Pierre

Tags:
Messunsicherheit, GUM

Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Micha ⌂, Bad Vilbel, (1 day, 8 hours, 57 min. ago) @ Pierre

Hallo Pierre,

[...] dass $s$ dann bestmöglich $u_{c}$ entspricht und die jeweiligen Varianzen dessen in der VCM stehen.

Wenn $s$ die Standardabweichung bezeichnet und $u_{c}$ die Standardunsicherheit ist, dann sind beide nur gleich, wenn keine weiteren Type B Unsicherheiten nachträglich noch angebracht werden.

Beim Nachrechnen habe ich mir die Skalierungsfaktoren zwischen $s$ und $a, b, c$ bzw. $u_c$ und $U_{a,b,c}$ angeschaut.

Was ist $a, b, c$? Was hast Du genau berechnet? Vielleicht kannst Du Deine Berechnung etwas mehr skizzieren, damit ich mir ein Bild machen kann. Im Moment ist mir gar nicht klar, was Du berechnest.

Gibt es in JAG3D die Möglichkeit sich den Skalierungsfaktor bspw. für $C_{xx}$ abzuleiten, um so mit den skalierten Werten bspw. für eine Varianzfortpflanzung weiterzurechnen?

Reden wir von Gl. (28) oder welche Skalierung meinst Du?

Um nach meinem Verständnis möglichst GUM-konform zu werden, würde dann abschließend $s$ bzw. $u_c$ aus dem erweiterten Modellansatz der Ursprungsmessung verwendet werden müssen.
Wie ist deine Meinung hierzu?

Ja, dass sehe ich auch so, und wir haben dies bspw. bei der Streckenmessung auch gemacht, vgl. Gl. (33). Bei der dynamischen Ausgleichung werden die Punkte ja wiederum als (direkte) Beobachtungen betrachtet und unterscheiden sich damit nicht von anderen Messwerten.

Viele Grüße
Micha

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applied-geodesy.org - OpenSource Least-Squares Adjustment Software for Geodetic Sciences

Tags:
Netzausgleichung, Messunsicherheit, GUM

Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Pierre, (1 day, 5 hours, 26 min. ago) @ Micha

Hallo Micha,

Was ist $a, b, c$? Was hast Du genau berechnet? Vielleicht kannst Du Deine Berechnung etwas mehr skizzieren, damit ich mir ein Bild machen kann. Im Moment ist mir gar nicht klar, was Du berechnest.

Auf das Beispiel im Artikel bezogen, meine ich den Skalierungsfaktor zwischen Standardabweichung und dem dazu gehörenden Konfidenzbereich, hier: Halbachsen der Konfidenzellipsen a und b.

Nur mit A-Anteilen:
[image]

Erweitert, mit A und B-Anteilen:
[image]

Bei beiden Varianten ist $\alpha = 5$ %. Da $\alpha$ identisch ist, müssten doch die Werte für a und b bzw. der Halbachsen des Konfidenzellipsoids sich um das gleiche Verhältnis ($a/\sigma$y bzw. $c/\sigma$x) von der Standardabweichung unterscheiden?

Mir fällt gerade auf, dass ich diese Betrachtung derart vermutlich gar nicht machen darf, da die Halbachsen der Konfidenzellipsoide nicht den y/x-Komponenten entsprechen - datumsabhängig + Drehwinkel :-/ . Ich glaube aber Du weißt jetzt was ich meine, insbesondere wenn wir das bsph. auf den 1D-Fall beziehen.

Anders ausgedrückt, warum ist die Skalierung des Konfidenzbereiches im erweiterten Modellfall mit A und B-Anteilen sowie $\sigma_0 = 1$ kleiner als im Modell nur mit A-Anteilen und Berücksichtigung des a-posteriori Varianzfaktors?

Gibt es in JAG3D die Möglichkeit sich den Skalierungsfaktor bspw. für $C_{xx}$ abzuleiten, um so mit den skalierten Werten bspw. für eine Varianzfortpflanzung weiterzurechnen?


Reden wir von Gl. (28) oder welche Skalierung meinst Du?

Ja, also auch - ich habe mich ungünstig ausgedrückt. Mit dem Faktor aus Gl. (28) erhalte ich ja die $C_{xx}$-Matrize, welche mir JAG3D exportiert. Wird der Faktor irgendwo mit ausgegeben ... bisher habe ich den über $\Omega/tr R$ bzw. $\Omega/n-u+d$ (Wiki) berechnet - bspw. zum Vergleich mit anderer Software.

Ich meine aber noch was Anderes in dem Zusammehang ... mit $C_{xx}$ lässt sich per Varianzfortpflanzung die Unsicherheit, weiterer aus den Ausgleichungsergebnissen abgeleiteter Größen ermitteln - die eigentlichen Ergebnisse die mich interessieren. Diese benötige ich jedoch dann wieder auf bspw. ein 95 %-Niveau skaliert, dass ist das Problem :-|

Um nach meinem Verständnis möglichst GUM-konform zu werden, würde dann abschließend $s$ bzw. $u_c$ aus dem erweiterten Modellansatz der Ursprungsmessung verwendet werden müssen.
Wie ist deine Meinung hierzu?


Ja, dass sehe ich auch so, und wir haben dies bspw. bei der Streckenmessung auch gemacht, vgl. Gl. (33). Bei der dynamischen Ausgleichung werden die Punkte ja wiederum als (direkte) Beobachtungen betrachtet und unterscheiden sich damit nicht von anderen Messwerten.

Na immerhin, eine Sache die ich verstanden habe.;-)

Viele Grüße
Pierre

Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Micha ⌂, Bad Vilbel, (1 day, 2 hours, 56 min. ago) @ Pierre

Hallo Pierre,

damit wir mal von den gleichen Einstellungen ausgehen, hier mal ein Screenshot von der Netzausgleichung mit dem Ergebnis für den Neupunkt. Wird der Varianzfaktor a-posteriori angebracht (der Standardfall in der Geodäsie), dann erhalte ich folgende Lösung:

[image]

Wird auf den Varianzfaktor verzichtet, sodass der a-priori Wert gilt, dann sieht die Lösung wie folgt aus:

[image]

In beiden Fällen nutze ich das identische stochastische Modell. Die Lösungen unterscheiden sich nur im Varianzfaktor.

Da JAG3D die Halbachsen des Konfidenzbereichs (derzeit) immer auf den a-priori Varianzfaktor bezieht, ändern sich diese Werte nicht. In meinen beiden Bildern sind es etwa a = 2.7 mm und c = 2.4 mm.

Nur mit A-Anteilen:
[image]

Erweitert, mit A und B-Anteilen:
[image]

Mir ist nicht klar, was Du genau berechnet hast bzw. wie Deine Beobachtungen und Dein stochastisches Modell aussieht in beiden Fällen, da wir jeweils nicht identische Werte hatten. Hast Du im ersten Fall für den Winkel 0.2 mgon und für die Strecken dann 0.8 mm angenommen? Wenn dem so ist, dann erhalte ich diese Lösung für den Punkt:

[image]

Hier sind die Halbachsen nun a = 1.6 mm und c = 1.5 mm.

Mir fällt gerade auf, dass ich diese Betrachtung derart vermutlich gar nicht machen darf, da die Halbachsen der Konfidenzellipsoide nicht den y/x-Komponenten entsprechen - datumsabhängig + Drehwinkel :-/ .

Ja, dieser Vergleich wird Dich nicht weiterbringen.

Anders ausgedrückt, warum ist die Skalierung des Konfidenzbereiches im erweiterten Modellfall mit A und B-Anteilen sowie $\sigma_0 = 1$ kleiner als im Modell nur mit A-Anteilen und Berücksichtigung des a-posteriori Varianzfaktors?

Das kann ich, wie Du meinen Screenshots entnehmen kannst, nicht nachvollziehen. Auch in Deinen Screenshots war dies nicht so. Du hast einmal 1.4 mm und 1.3 mm (nur A) und 2.4 mm bzw. 2.1 mm (A+B).

Mit dem Faktor aus Gl. (28) erhalte ich ja die $C_{xx}$-Matrize, welche mir JAG3D exportiert. Wird der Faktor irgendwo mit ausgegeben ...

Er ist Teil der Varianzkomponentenschätzung, da es ja das Verhältnis der beiden (globalen) Varianzfaktoren der Gewichtseinheit ist - das meintest Du aber nicht, vermute ich.

Ich meine aber noch was Anderes in dem Zusammehang ... mit $C_{xx}$ lässt sich per Varianzfortpflanzung die Unsicherheit, weiterer aus den Ausgleichungsergebnissen abgeleiteter Größen ermitteln - die eigentlichen Ergebnisse die mich interessieren. Diese benötige ich jedoch dann wieder auf bspw. ein 95 %-Niveau skaliert, dass ist das Problem :-|

Wenn Du mit den Ausgleichungsergebnissen eine weitere Auswertung durchführst, bei der Du die Ergebnisse der Netzausgleichung praktisch wieder als Beobachtungen einführst, dann darf die Dispersionsmatrix nicht skaliert sein. Bei der zweiten/nachfolgenden Auswertung ist a-priori kein Erweiterungsfaktor zu berücksichtigen. Wenn Du also ein 95 %-Niveau für das Ergebnis ableiten willst, musst Du am Ende der Auswertung das entsprechende Quantil zum Skalieren nutzen.

Ich habe noch immer das Gefühl, dass wir noch von verschiedenen Sachen sprechen...

Viele Grüße
Micha

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Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Pierre, (11 hours, 49 minutes ago) @ Micha

Guten Morgen Micha,

Da JAG3D die Halbachsen des Konfidenzbereichs (derzeit) immer auf den a-priori Varianzfaktor bezieht, [...]

Das war mir nicht bewusst und hat zu meiner Verwirrung beigetragen. Du schreibst „derzeit“ bist Du dabei daran etwas zu ändern?

Mir ist nicht klar, was Du genau berechnet hast bzw. wie Deine Beobachtungen und Dein stochastisches Modell aussieht in beiden Fällen, da wir jeweils nicht identische Werte hatten. Hast Du im ersten Fall für den Winkel 0.2 mgon und für die Strecken dann 0.8 mm angenommen? Wenn dem so ist, dann erhalte ich diese Lösung für den Punkt:

[image], Varianzfaktor a-post berücksichtigen,

Hier sind die Halbachsen nun a = 1.6 mm und c = 1.5 mm.

Die Ergebnisse kann ich so bestätigen. Mit dem Hinweis von oben, weiß ich nun auch wo meine Verwirrung und der Irrglaube herkam. Ich habe mir das Verhältnis zwischen den Standardabweichungen und der Größen der Halbachsen (a, c) der Konfidenzellipsen angeschaut (mal abgesehen, dass der Ansatz nicht korrekt ist) ohne zu berücksichtigen, dass sich die der Varianzfaktors a-post auf die Standardabweichungen auswirkt, während die Skalierung von a und c vom a-prio Varianzfaktor beeinflusst wird.

Ein weiterer Grund für die anfangs nicht identischen Ergebnisse: ich hatte für die Anpassung der Teststatistik die B-Methode aktiv, während Du keine Anpassung gewählt hattest.

Aus welchem Grund bist Du hier auf die Einstellung keine Anpassung gegangen? Standardmäßig ist bei mir die B-Methode aktiv - müsste auch die Grundeinstellung von JAG3D sein.

Wenn Du mit den Ausgleichungsergebnissen eine weitere Auswertung durchführst, bei der Du die Ergebnisse der Netzausgleichung praktisch wieder als Beobachtungen einführst, dann darf die Dispersionsmatrix nicht skaliert sein. Bei der zweiten/nachfolgenden Auswertung ist a-priori kein Erweiterungsfaktor zu berücksichtigen. Wenn Du also ein 95 %-Niveau für das Ergebnis ableiten willst, musst Du am Ende der Auswertung das entsprechende Quantil zum Skalieren nutzen.

Einfaches Beispiel: ich habe ein paar ausgeglichene Koordinaten und dazu die Varianz-Kovarianz-Matrix aus JAG3D. Mein gesuchtes Ergebnis ist die Strecke zwischen zwei Punkten (per Pythagoras) und dafür ermittle ich mir per Varianzfortpflanzung die Unsicherheit als Standardabweichung. Jetzt möchte ich für die berechnete Strecke ($t$-Verteilung) als auch für die Unsicherheit ($\chi^2$-Verteilung) ein Konfidenzniveau ableiten. Dazu fehlt mir jetzt leider der Freiheitsgrad zur Bestimmung des Quantils, oder der Ansatz ist nicht korrekt? Kann ich mir bei diesem und ähnlich gelagerten Fällen JAG3D zu nutzen machen?

Hierzu hat mich die Literatur auch nicht weiter gebracht, da Erwartungswert und Unsicherheit hier auch gemessen bzw. vermittelt, aber nicht nachträglich aus Elementen abgeleitet werden.

Sorry für die ganze Verwirrung, ich bin irgendwie gar nicht richtig auf dem Damm.:-S

Vielen lieben Dank und Grüße
Pierre

Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Micha ⌂, Bad Vilbel, (11 hours, 10 minutes ago) @ Pierre

Hallo Pierre,

Das war mir nicht bewusst und hat zu meiner Verwirrung beigetragen. Du schreibst „derzeit“ bist Du dabei daran etwas zu ändern?

Das entscheide ich nach diesem Thread und unserem Gespräch zu diesem Thema ob es im Moment missverständlich ist - wenn auch korrekt berechnet. Da die Option, den Varianzfaktor zu vernachlässigen, erst später ergänzt wurde, hat dies bisher keine Auswirkung auf die Halbachsen gehabt. Man könnte die Berechnung aber an die Nutzereinstellung knüpfen, dies wäre ggf. intuitiver.

Aus welchem Grund bist Du hier auf die Einstellung keine Anpassung gegangen? Standardmäßig ist bei mir die B-Methode aktiv - müsste auch die Grundeinstellung von JAG3D sein.

Bei der Abstimmung wird das Alpha-Niveau angepasst, wie der nachfolgende Screenshot für das betrachtete Beispiel zeigt: Oben ohne Anpassung; unten mit Anpassung nach der B-Methode. Die beiden selektierten Zeilen sind das Quantil zur Skalierung der Konfidenzbereiche bei einem Lagepunkt. Ohne Abstimmung ist alpha tatsächlich 5 %, mit Abstimmung sind es in diesem Fall 9,5 %. Da Du explizit nach 95 % gefragt hattest, habe ich die Abstimmung deaktiviert.

[image]

Einfaches Beispiel: ich habe ein paar ausgeglichene Koordinaten und dazu die Varianz-Kovarianz-Matrix aus JAG3D. Mein gesuchtes Ergebnis ist die Strecke zwischen zwei Punkten (per Pythagoras) und dafür ermittle ich mir per Varianzfortpflanzung die Unsicherheit als Standardabweichung. Jetzt möchte ich für die berechnete Strecke ($t$-Verteilung) als auch für die Unsicherheit ($\chi^2$-Verteilung) ein Konfidenzniveau ableiten. Dazu fehlt mir jetzt leider der Freiheitsgrad zur Bestimmung des Quantils, oder der Ansatz ist nicht korrekt? Kann ich mir bei diesem und ähnlich gelagerten Fällen JAG3D zu nutzen machen?

Hier geht ein wenig was durcheinander, glaube ich. Wenn Du die Strecke aus den ausgeglichenen Koordinaten bestimmst und mit der Varianz-Kovarianz-Matrix dieser Punkte - durch Anwendung des Varianz-Kovarianz-Fortpflanzungsgesetzes - die Varianz dieser Strecke berechnest, dann gilt für die Strecke in der Ebene

$d = \sqrt{ \left(x_2-x_1\right)^2 + \left(y_2-y_1\right)^2}$

und für die auf den a-priori-bezogenen Varianzfaktor $\sigma_0^2$ bestimmt Varianz

$\sigma_d^2 = \sigma_0^2\mathbf{FQ_{\hat{x}}F^{\mathrm{T}}}$

Da sich diese Varianz auf die Varianz der Grundgesamtheit (a-priori Varianz) bezieht, ist zur Bildung des Vertrauensbereichs auf die Standardnormalverteilung oder die $\chi^2$-Verteilung zurückzugreifen. Beide sind hier identisch, vgl. die Ergebnisse aus Matlab für

norminv(1-0.05/2)

und

sqrt(chi2inv(1-0.05, 1))

Wird der a-posteriori Varianzfaktor $\hat{\sigma}_0^2$ verwendet, dann gilt für die Varianz der Strecke

$\hat{\sigma}_d^2 = \hat{\sigma}_0^2\mathbf{FQ_{\hat{x}}F^{\mathrm{T}}}$

Da sich diese Varianz auf die empirische Stichprobenvarianz (a-posteriori Varianz) bezieht, ist zur Bildung des Vertrauensbereichs auf die t-Verteilung oder die F-Verteilung zurückzugreifen. Beide sind hier wiederum identisch, vgl. die Ergebnisse aus Matlab für

tinv(1-0.05/2, 2)

und

sqrt(finv(1-0.05, 1, 2))

Als Freiheitsgrad für die t-Verteilung bzw. den Freiheitsgrad des Nenners bei Verwendung der F-Verteilung ist der Freiheitsgrad der empirischen Varianz $\hat{\sigma}_0^2$ zu verwenden. In unserem betrachteten Beispiel ist die Gesamtredundanz $r = 2$. Für $r = \infty$ erhältst Du die Ergebnisse der Standardnormalverteilung bzw. der $\chi^2$-Verteilung. Die Varianz der Grundgesamtheit ist sinngemäß eine unendlich große Stichprobe.

Viele Grüße
Micha

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Tags:
Netzausgleichung, Varianzfaktor, Messunsicherheit, GUM, Verteilung, Konfidenzbereich

Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Pierre, (7 hours, 17 minutes ago) @ Micha

Hallo Micha,

Hier geht ein wenig was durcheinander, glaube ich. Wenn Du die Strecke aus den ausgeglichenen Koordinaten bestimmst und mit der Varianz-Kovarianz-Matrix dieser Punkte - durch Anwendung des Varianz-Kovarianz-Fortpflanzungsgesetzes - die Varianz dieser Strecke berechnest, dann gilt für die Strecke in der Ebene

$d = \sqrt{ \left(x_2-x_1\right)^2 + \left(y_2-y_1\right)^2}$

also bis hierin komme ich noch mit, ab dann muss ich ehrlich gesagt passen ... und verstehe gefühlt gar nichts mehr.

Sofern ich gemäß Artikel A und B-Anteile im stochastischen Modell berücksichtige und den a-post Varianzfaktor unberücksichtigt lasse, bin ich bei der von Dir beschriebenen ersten Variante und die von JAG3D exportierte Varianz-Kovarianz-Matrix ist bereits um $\sigma_0$ skaliert.

Den Matlab-Code kann ich mangels Software nicht nachvollziehen, da glaube ich Dir aber sowieso, dass was Du schreibst. Wie kommst Du auf ein $r = 2$?

Was mich vollkommen verwirrt ist, dass alle vier bzw. zwei Verteilungen je nach Variante zur Anwendung kommen sollen. Ich habe mich versucht da rein zu lesen und habe zum einseitigen Konfidenzbereich einer Varianz bzw. Standardabweichung nur das gefunden:

$b = \sqrt{\frac{r}{\chi^2_{r,\alpha}}} \cdot s$

Wenn ich darauf $r = 2$ anwende, dann wir die Standardabweichung kleiner skaliert, was nicht sein kann.

Viele Grüße
Pierre

Ableitung Messunsicherheit (GUM-konform)

by Micha ⌂, Bad Vilbel, (5 hours, 57 minutes ago) @ Pierre

Hallo Pierre,

Sofern ich gemäß Artikel A und B-Anteile im stochastischen Modell berücksichtige und den a-post Varianzfaktor unberücksichtigt lasse, bin ich bei der von Dir beschriebenen ersten Variante und die von JAG3D exportierte Varianz-Kovarianz-Matrix ist bereits um $\sigma_0$ skaliert.

Vielleicht lassen wir das mit A und B im Moment mal weg, da es zum Verständnisproblem nichts unmittelbar beiträgt. Durch das unter Umständen Mischen von verschiedenen Verteilungen ist die Frage nach dem Quantil in jedem Fall nicht mehr trivial. Wir wollen also mindestens voraussetzen, dass die Normalverteilung eine sehr gute Annäherung an die wahre Verteilung darstellt.

Die exportierte Matrix ist - in Abhängigkeit der Nutzereinstellung - mit $\sigma^2_0$ oder $\hat{\sigma}^2_0$ skaliert.

Den Matlab-Code kann ich mangels Software nicht nachvollziehen, da glaube ich Dir aber sowieso, dass was Du schreibst. Wie kommst Du auf ein $r = 2$?

Der Freiheitsgrad im betrachteten Netz ist $r = 2$; siehe Screenshot, erste Zeile in der Tabelle:
[image]

Was mich vollkommen verwirrt ist, dass alle vier bzw. zwei Verteilungen je nach Variante zur Anwendung kommen sollen.

Das ist Deinem Beispiel ein wenig geschuldet. Da Du nur eine einzige Strecke hast, können - in Abhängigkeit vom gewählten Varianzfaktor - sowohl die Normalverteilung als auch die t-Verteilung zur Anwendung kommen. Hättest Du mehrere Parameter gleichzeitig bestimmt - bspw. ein Verschiebungsvektor mit x- und y-Komponente -, dann hätten diese beiden Verteilung für das Bilden des gemeinsamen Konfidenzbereichs nicht mehr herangezogen werden können. In diesem Fall hätte man - wiederum in Abhängigkeit vom gewählten Varianzfaktor - auf die $\chi^2$-Verteilung oder die F-Verteilung zurückgreifen müssen. (Und eigentlich könnten wir ausschließlich mit der F-Verteilung arbeiten, da die Normalverteilung, die t-Verteilung und die $\chi^2$-Verteilung immer aus der F-Verteilung als jeweilige Spezialfälle hervorgehen.)
Insofern sind es nicht vier (oder zwei) völlig unabhängige Verteilungen. Ich hatte mich auf die genannten bezogen, da Du diese in Deinem Post aufgezählt hattest.

Die Länge einer Halbachse eines Konfidenzbereichs ist - wenn wir bei der F-Verteilung mal bleiben - doch gegeben durch:

$a_i=\sqrt{\lambda_i \cdot d_1 \cdot F_{d_1, d_2}}$

Hierin ist $\lambda_i$ der i-te Eigenwert und $d_1$ bzw. $d_2$ die Freiheitsgrade für Zähler und Nenner der F-Verteilung. Mit $F_{d_1, d_2}$ ist das Quantil für Dein gewähltes $\alpha$ gemeint. Nehmen wir weiter an, Du willst den Konfidenzbereich für einen Vektor mit zwei Elementen bestimmen (die Konfidenzellipse) und die 2x2 Varianz-Kovarianz-Matrix $\mathbf{C}$ ist positiv-definit. Dann hast Du zwei Eigenwerte $\lambda_1$, $\lambda_2$, die beide größer Null sind. In diesem Fall ist $d_1 = 2$ (= Anzahl der Eigenwerte größer Null). Der zweite Freiheitsgrad $d_2$ bezieht sich auf die Varianz, die Du bei $\mathbf{C}$ verwendet hast. Wurde der a-priori Varianzfaktor verwendet zur Bildung von $\mathbf{C}$, dann ist $d_2 = \infty$. Wurde der empirisch bestimmte a-posteriori Varianzfaktor verwendet, dann muss der Freiheitsgrad hier einfließen, der zur Bildung der empirischen Varianz verwendet wurde. Nehmen wir an, die Ausgleichung hat eine Gesamtredundanz von 10, dann ist $d_2 = 10$.

Bei Deinem Streckenbeispiel ist $d_1 = 1$ und der Eigenwert entspricht - in Abhängigkeit vom gewählten Varianzfaktor - $\lambda = \sigma^2_d$ oder $\lambda = \hat{\sigma}^2_d$. Sollte der a-priori Varianzfaktor verwendet worden sein, dann ist $F_{d_1, d_2}=F_{1, \infty}=3,851$ für $\alpha = 5\%$. Es gilt:

$\sqrt{\lambda_i \cdot d_1 \cdot F_{d_1, d_2}} = \sqrt{\sigma^2_d \cdot 1 \cdot 3,851} = 1,96 \cdot \sigma_d$

(Die 1,96 hätten wir, da $d_1 = 1$, auch direkt aus der Normalverteilung abgreifen können. Wir haben hier die Annäherung an die $2\sigma$-Regel, die beim GUM häufig mit k=2 vereinfacht wird.)

Viele Grüße
Micha

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