least-squares-adjustment:reliability
Unterschiede
Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.
Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende ÜberarbeitungNächste Überarbeitung | Vorhergehende Überarbeitung | ||
least-squares-adjustment:reliability [2018/03/18 10:47] – Michael Lösler | least-squares-adjustment:reliability [2025/03/15 20:39] (aktuell) – Michael Lösler | ||
---|---|---|---|
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
====== Zuverlässigkeitsmaße in der Netzausgleichung ====== | ====== Zuverlässigkeitsmaße in der Netzausgleichung ====== | ||
- | Nach einer erfolgreichen Ausgleichung sind neben den Koordinaten und ggf. Zusatzunbekannten auch die Qualität der erzielten Ergebnisse bzgl. der inneren und äußeren Zuverlässigkeit zu bewerten. Hierzu zählen das [[: | + | Nach einer erfolgreichen Ausgleichung sind neben den Koordinaten und ggf. Zusatzunbekannten auch die Qualität der erzielten Ergebnisse bzgl. der inneren und äußeren Zuverlässigkeit zu bewerten. Hierzu zählen das [[: |
===== Genauigkeitsmaße der Parameter ===== | ===== Genauigkeitsmaße der Parameter ===== | ||
- | Die Genauigkeitsmaße der geschätzten Parameter z.B. die Koordinaten der Netzpunkte werden nach der [[: | + | Die Genauigkeitsmaße der geschätzten Parameter z.B. die Koordinaten der Netzpunkte werden nach der [[: |
- | $$\mathbf{C_{\hat x \hat x}}=\hat{\sigma}_0^2\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}$$ | + | $$\mathbf{C_{\hat x \hat x}}=\sigma_0^2\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}$$ |
- | Während auf der Hauptdiagonalen die Varianzen | + | oder dem aus der Stichprobe abgeleiteten empirischen a-posteriori Varianzfaktor |
- | Die geschätzten Standardunsicherheiten $\sigma$ der Parameter z.B. der ausgeglichenen Koordinaten eines Punktes können demnach direkt aus der Varianz-Kovarianz-Matrix | + | $$\mathbf{\hat{C}_{\hat x \hat x}}=\hat{\sigma}_0^2\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}$$ |
+ | |||
+ | Die Wahl des zu berücksichtigenden Varianzfaktors sollte problemspezifisch erfolgen. Insbesondere bei sehr kleinen Stichproben ist der a-priori Varianzfaktor häufig repräsentativer als der empirisch bestimmte a-posteriori Varianzfaktor. | ||
+ | |||
+ | Während auf der Hauptdiagonalen die Varianzen der Parameter angeordnet sind, befinden sich auf den Nebendiagonalen die Kovarianzen, | ||
+ | |||
+ | $$\rho = \frac{q_{ij}}{\sqrt{q_{ii} \cdot q_{jj}}}$$ | ||
+ | |||
+ | Während für $\rho \gt 0$ eine positive Korrelation besteht, d.h. tendenziell fallen bzw. steigen beide Parameter gemeinsam, sind die Parameter für $\rho \lt 0$ negativ korreliert, d.h. tendenziell steigt einer der beiden Parameter an während der andere abfällt. Für $\rho = 0$ sind die Parameter vollständig (linear) unabhängig, | ||
+ | |||
+ | Die geschätzten Standardunsicherheiten $\sigma$ der Parameter z.B. der ausgeglichenen Koordinaten eines Punktes können demnach direkt aus der Varianz-Kovarianz-Matrix abgelesen werden. Zu beachten ist, dass die Varianz-Kovarianz-Matrix datumsabhängig ist. Dies bedeutet, dass bspw. die Standardunsicherheiten $\sigma$ nicht invariant gegenüber Netzverdrehungen sind und sich daher nur bedingt zur Genauigkeitsbeurteilung eignen. Ein punktbezogenes rotationsinvariantes Genauigkeitsmaß sind hingegen die Halbachsen der Konfidenzbereiche. | ||
Durch spektrale Zerlegung der punktbezogenen Sub-Kofaktormatrix $\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}_{ii}$ werden die Halbachsen und die Orientierung des $n$-dimensionalen Hyperellipsoids gewonnen. Während sich für $n=3$ ein Ellipsoid ergibt, erhält man für $n = 2$ eine Ellipse und für $n = 1$ ein einfaches Intervall. Die Halbachsen bilden somit die Extremstellen des Konfidenzbereichs. | Durch spektrale Zerlegung der punktbezogenen Sub-Kofaktormatrix $\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}_{ii}$ werden die Halbachsen und die Orientierung des $n$-dimensionalen Hyperellipsoids gewonnen. Während sich für $n=3$ ein Ellipsoid ergibt, erhält man für $n = 2$ eine Ellipse und für $n = 1$ ein einfaches Intervall. Die Halbachsen bilden somit die Extremstellen des Konfidenzbereichs. | ||
Zeile 22: | Zeile 32: | ||
\end{bmatrix}}$$ | \end{bmatrix}}$$ | ||
- | Abbildung {{ref> | + | Abbildung {{ref> |
< | < | ||
- | {{: | + | {{: |
- | < | + | < |
</ | </ | ||
Im Folgenden soll explizit nur der räumliche Fall skizziert werden. Für $n \lt 3$ vereinfacht sich die Darstellung sinngemäß. Die $i$-te punktbezogene Sub-Kofaktormatrix $\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}_{ii}$ lautet | Im Folgenden soll explizit nur der räumliche Fall skizziert werden. Für $n \lt 3$ vereinfacht sich die Darstellung sinngemäß. Die $i$-te punktbezogene Sub-Kofaktormatrix $\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}_{ii}$ lautet | ||
- | $$\hat{\sigma}_0^2\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}_{ii}= | + | $$\mathbf{Q_{\hat x \hat x}}_{ii}= |
\begin{pmatrix} | \begin{pmatrix} | ||
- | \sigma_x^2&\rho_{xy}&\rho_{xz}\\ | + | q_{xx}&q_{xy}&q_{xz}\\ |
- | \rho_{yx}&\sigma_y^2&\rho_{yz}\\ | + | q_{xy}&q_{yy}&q_{yz}\\ |
- | \rho_{zx}&\rho_{zy}&\sigma_z^2 | + | q_{xz}&q_{yz}&q_{zz}\\ |
\end{pmatrix}_{ii}$$ | \end{pmatrix}_{ii}$$ | ||
- | Die drei Halbachsen $A$, $B$ und $C$ ergeben sich aus den (sortierten) Eigenwerten $\mathbf{\lambda} = [\lambda_{max}, | + | Die drei Halbachsen $a$, $b$ und $c$ ergeben sich aus den (sortierten) Eigenwerten $\mathbf{\lambda} = [\lambda_{max}, |
- | $A = \sigma_0 \sqrt{ \lambda_{max} }$, $B = \sigma_0 \sqrt{ \lambda_{mid} }$, $C = \sigma_0 \sqrt{ \lambda_{min} }$ | + | $a = \sigma_0 \sqrt{ \lambda_{max} }$, $b = \sigma_0 \sqrt{ \lambda_{mid} }$, $c = \sigma_0 |
+ | |||
+ | und für den a-posteriori Varianzfaktor $\hat{\sigma}_0^2$ entsprechend | ||
+ | |||
+ | $\hat{a} = \hat{\sigma}_0 \sqrt{ \lambda_{max} }$, $\hat{b} = \hat{\sigma}_0 \sqrt{ \lambda_{mid} }$, $\hat{c} = \hat{\sigma}_0 | ||
Die Orientierung lässt sich aus den drei korrespondierenden Eigenvektoren $\mathbf{m}$ ableiten. | Die Orientierung lässt sich aus den drei korrespondierenden Eigenvektoren $\mathbf{m}$ ableiten. | ||
Zeile 50: | Zeile 64: | ||
$$\mathbf{M}=\mathbf{R_x}(\alpha)\mathbf{R_y}(\beta)\mathbf{R_z}(\gamma)$$ | $$\mathbf{M}=\mathbf{R_x}(\alpha)\mathbf{R_y}(\beta)\mathbf{R_z}(\gamma)$$ | ||
- | Die folgende Tabelle zeigt die maximale Sicherheitswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der Dimension $n$ für die so gebildeten einfachen Konfidenzbereiche. | + | Die folgende Tabelle zeigt die maximale Sicherheitswahrscheinlichkeit |
^ n ^ Wahrscheinlichkeit | ^ n ^ Wahrscheinlichkeit | ||
Zeile 57: | Zeile 71: | ||
| 3 | 19,87 % | | | 3 | 19,87 % | | ||
- | Aufgrund der geringen Sicherheitswahrscheinlichkeit des einfachen Konfidenzbereichs von 40 % bzw. 20 % für einen Lage- bzw. Raumpunkt, werden die Halbachsen i.d.R. unter der Annahme der Normalverteilung mit einem Quantil der $\chi^2_n$-Verteilung skaliert, sodass sich ein vergrößerter Konfidenzbereich mit einer entsprechend höheren Sicherheitswahrscheinlichkeit ergibt. In JAG3D wird die Sicherheitswahrscheinlichkeit aus der gewählten [[: | + | Aufgrund der geringen Sicherheitswahrscheinlichkeit des einfachen Konfidenzbereichs von 40 % bzw. 20 % für einen Lage- bzw. Raumpunkt, werden die Halbachsen i.d.R. unter der Annahme der Normalverteilung mit einem Quantil der Fisher-Verteilung skaliert, sodass sich ein vergrößerter Konfidenzbereich mit einer entsprechend höheren Sicherheitswahrscheinlichkeit ergibt. In JAG3D wird die Sicherheitswahrscheinlichkeit |
+ | Die Längen der Halbachsen des Konfidenzbereichs hängen somit von der Sicherheitswahrscheinlichkeit und vom gewählten Varianzfaktor ab. Für a-priori Varianzfaktor-bezogene Konfidenzbereiche gilt für die Halbachsen | ||
+ | |||
+ | $$\sqrt{\sigma_0^2 \cdot \lambda \cdot n \cdot F_{n, | ||
+ | |||
+ | Entsprechend gilt für die Halbachsen von Konfidenzbereichen, | ||
+ | |||
+ | $$\sqrt{\hat{\sigma}_0^2 \cdot \lambda \cdot n \cdot F_{n,r}}$$ | ||
+ | worin $r$ der Gesamtfreiheitsgrad der Ausgleichung ist. | ||
===== Redundanzanteil ===== | ===== Redundanzanteil ===== | ||
- | Ein Maß für die Kontrolliertheit | + | Ein Maß für die Kontrollierbarkeit von unkorrelierten Beobachtungen |
$$\mathbf{R} = \mathbf{Q_{vv}P}$$ | $$\mathbf{R} = \mathbf{Q_{vv}P}$$ | ||
- | worin $\mathbf{P}$ die Gewichtsmatrix des [[: | + | worin $\mathbf{P}$ die (diagonale) |
* $0.0 \leq r_i \lt 0.1$ → schlecht kontrolliert, | * $0.0 \leq r_i \lt 0.1$ → schlecht kontrolliert, | ||
* $0.1 \leq r_i \lt 0.3$ → ausreichend kontrolliert, | * $0.1 \leq r_i \lt 0.3$ → ausreichend kontrolliert, | ||
Zeile 72: | Zeile 94: | ||
* $0.7 \leq r_i \leq 1.0$ → sehr gut kontrolliert. | * $0.7 \leq r_i \leq 1.0$ → sehr gut kontrolliert. | ||
- | Die Summe aller $r_i$ bzw. die Spur der Matrix $\mathbf{R}$ liefert den Gesamtfreiheitsgrad $f = \tr \mathbf{R}$ der [[: | + | Die Summe aller $r_i$ bzw. die Spur der Matrix $\mathbf{R}$ liefert den Gesamtfreiheitsgrad $r = \tr \mathbf{R}$ der [[: |
Zeile 104: | Zeile 126: | ||
worin $\mathbf{A}_{\mathbf{x}, | worin $\mathbf{A}_{\mathbf{x}, | ||
- | $$\nabla\mathbf{x}_i=\mathbf{Q_{\hat{x}\hat{x}}}{\mathbf{\bar{A_{x}}}}^T{\mathbf{PB}}_i {\mathbf{\nabla}}_i$$ | + | $$\nabla\mathbf{x}_i=\mathbf{Q_{\hat{x}\hat{x}}}{\mathbf{\bar{A}_{x}}}^T{\mathbf{PB}}_i {\mathbf{\nabla}}_i$$ |
und | und | ||
- | $$\mathbf{\bar{A_{x}}}=\mathbf{A_x} - \mathbf{A_z}(\mathbf{A_z}^T\mathbf{PA_z})^{-1}\mathbf{A_z}^T\mathbf{PA_x}$$ | + | $$\mathbf{\bar{A}_{x}}=\mathbf{A_x} - \mathbf{A_z}(\mathbf{A_z}^T\mathbf{PA_z})^{-1}\mathbf{A_z}^T\mathbf{PA_x}$$ |
die um den Anteil der Zusatzunbekannten $\mathbf{A_z}$ reduzierte Designmatrix $\mathbf{A}$ sind. Enthält das funktionale Modell für die betreffende Beobachtung keine Zusatzparameter, | die um den Anteil der Zusatzunbekannten $\mathbf{A_z}$ reduzierte Designmatrix $\mathbf{A}$ sind. Enthält das funktionale Modell für die betreffende Beobachtung keine Zusatzparameter, | ||
Zeile 116: | Zeile 138: | ||
wodurch noch einmal die Wichtigkeit eines redundanten Netzes unterstrichen wird. Die Auswirkungen einer geschätzten Modellstörung auf die relative Punktlage hängt somit direkt vom Grad der Überschüssigkeit $1 - r_i$ ab. Bei einem Redundanzanteil von $r_i = 0.9$ würden demnach nur 10 % der geschätzten Modellstörung $\nabla_i$ einen Einfluss auf die relative Punktlage der berührenden Punkte ausüben. | wodurch noch einmal die Wichtigkeit eines redundanten Netzes unterstrichen wird. Die Auswirkungen einer geschätzten Modellstörung auf die relative Punktlage hängt somit direkt vom Grad der Überschüssigkeit $1 - r_i$ ab. Bei einem Redundanzanteil von $r_i = 0.9$ würden demnach nur 10 % der geschätzten Modellstörung $\nabla_i$ einen Einfluss auf die relative Punktlage der berührenden Punkte ausüben. | ||
- | Der Einfluss auf die relative Punktlage $\mathbf{EP}$ sollte somit auch bei der Entscheidung, | + | Der Einfluss auf die relative Punktlage $\mathbf{EP}$ sollte somit auch bei der Entscheidung, |
Zeile 133: | Zeile 155: | ||
$$\sigma^2_{P, | $$\sigma^2_{P, | ||
- | ergibt. Jäger et al. (2005) führen an, dass diese Einflussbemessung grundsätzlich überschätzt wird. Dennoch findet sich diese Kenngröße in den Verwaltungsvorschriften der Länder und ist bei der Netzbeurteilung mit zu berücksichtigen. In Baden-Württemberg(([[https:// | + | ergibt. Jäger et al. (2005) führen an, dass diese Einflussbemessung grundsätzlich überschätzt wird. Dennoch findet sich diese Kenngröße in den Verwaltungsvorschriften der Länder und ist bei der Netzbeurteilung mit zu berücksichtigen. In Baden-Württemberg(([[https:// |
least-squares-adjustment/reliability.1521366452.txt.gz · Zuletzt geändert: 2018/03/18 10:47 von Michael Lösler