Java·Applied·Geodesy·3D

Least-Squares Adjustment Software for Geodetic Sciences

Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


least-squares-adjustment:reliability

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
least-squares-adjustment:reliability [2018/03/18 10:47] Michael Löslerleast-squares-adjustment:reliability [2023/07/05 09:46] (aktuell) – Sicherheitswahrscheinlichkeit erweitert Michael Lösler
Zeile 1: Zeile 1:
 ====== Zuverlässigkeitsmaße in der Netzausgleichung ====== ====== Zuverlässigkeitsmaße in der Netzausgleichung ======
  
-Nach einer erfolgreichen Ausgleichung sind neben den Koordinaten und ggf. Zusatzunbekannten auch die Qualität der erzielten Ergebnisse bzgl. der inneren und äußeren Zuverlässigkeit zu bewerten. Hierzu zählen das [[:least-squares-adjustment:outlier|Aufdecken von Modellstörungen]], die gegenseitige [[#redundanzanteil|Kontrolliertheit]] von Beobachtungen oder das Abschätzen des [[#einfluss_auf_die_punktlage|Einflusses einer unentdeckten Modellstörung]] auf die ausgeglichenen Parameter. Alle Analysemethoden setzen voraus, dass das Netz eine hinreichend große Überbestimmung besitzt und sich die einzelnen Beobachtungen ausreichend untereinander kontrollieren.+Nach einer erfolgreichen Ausgleichung sind neben den Koordinaten und ggf. Zusatzunbekannten auch die Qualität der erzielten Ergebnisse bzgl. der inneren und äußeren Zuverlässigkeit zu bewerten. Hierzu zählen das [[:least-squares-adjustment:outlier|Aufdecken von Modellstörungen]], die gegenseitige [[#redundanzanteil|Kontrollierbarkeit]] von Beobachtungen oder das Abschätzen des [[#einfluss_auf_die_punktlage|Einflusses einer unentdeckten Modellstörung]] auf die ausgeglichenen Parameter. Alle Analysemethoden setzen voraus, dass das Netz eine hinreichend große Überbestimmung besitzt und sich die einzelnen Beobachtungen ausreichend untereinander kontrollieren.
  
 ===== Genauigkeitsmaße der Parameter ===== ===== Genauigkeitsmaße der Parameter =====
Zeile 22: Zeile 22:
 \end{bmatrix}}$$ \end{bmatrix}}$$
  
-Abbildung {{ref>confidence_ellipse}} stellt für zwei Punkte die zugehörigen Konfidenzellipsen gegenüber. Während die Standardunsicherheiten $\sigma_x = \sigma_y = 5~\rm{mm}$ bei beiden Punkten identisch sind, lässt sich aus der Form der Ellipsen erkennen, dass der Konfidenzbereich der roten Ellipse kleiner ist als der der blauen. Beide Punkte weisen somit nicht dieselbe Unsicherheit auf. Die Koordinatenachsen-bezogenen Standardunsicherheiten sind demnach nur aussagekräftig, wenn diese mit den Halbachsen des Konfidenzbereichs (näherungsweise) zusammenfallen, siehe blaue Ellipse. Die Forderung nach //homogenen// und //isotropen// Konfidenzbereichen bedeutet, dass im 2D-Fall die Ellipse zu einem Kreis und im 3D-Fall das Ellipsoid zu einer Kugel entartet.+Abbildung {{ref>confidence_ellipse}} stellt für zwei Punkte die zugehörigen (einfachen) Konfidenzellipsen (Standardellipse nach Helmert; früher häufig auch Fehlerellipse) gegenüber. Während die Standardunsicherheiten $\sigma_x = \sigma_y = 5~\rm{mm}$ bei beiden Punkten identisch sind, lässt sich aus der Form der Ellipsen erkennen, dass der Konfidenzbereich der roten Ellipse kleiner ist als der der blauen. Beide Punkte weisen somit nicht dieselbe Unsicherheit auf. Die Koordinatenachsen-bezogenen Standardunsicherheiten sind demnach nur aussagekräftig, wenn diese mit den Halbachsen des Konfidenzbereichs (näherungsweise) zusammenfallen, siehe blaue Ellipse. Die Forderung nach //homogenen// und //isotropen// Konfidenzbereichen bedeutet, dass im 2D-Fall die Ellipse zu einem Kreis und im 3D-Fall das Ellipsoid zu einer Kugel entartet.
  
 <figure|confidence_ellipse|fright> <figure|confidence_ellipse|fright>
-{{:least-squares-adjustment:confidence_ellipse.png?nolink|Gegenüberstellung zweier Konfidenzellipsen}} +{{:least-squares-adjustment:confidence_ellipse.png?nolink|Gegenüberstellung zweier Konfidenzellipsen (Standardellipsen nach Helmert)}} 
-<caption>Gegenüberstellung zweier Konfidenzellipsen</caption>+<caption>Gegenüberstellung zweier (einfacher) Konfidenzellipsen</caption>
 </figure> </figure>
  
Zeile 57: Zeile 57:
 |  3  |  19,87 %  | |  3  |  19,87 %  |
  
-Aufgrund der geringen Sicherheitswahrscheinlichkeit des einfachen Konfidenzbereichs von 40 % bzw. 20 % für einen Lage- bzw. Raumpunkt, werden die Halbachsen i.d.R. unter der Annahme der Normalverteilung mit einem Quantil der $\chi^2_n$-Verteilung skaliert, sodass sich ein vergrößerter Konfidenzbereich mit einer entsprechend höheren Sicherheitswahrscheinlichkeit ergibt. In JAG3D wird die Sicherheitswahrscheinlichkeit aus der gewählten [[:least-squares-adjustment:outlier#teststatistik|Irrtumswahrscheinlichkeit]] abgeleitet.+Aufgrund der geringen Sicherheitswahrscheinlichkeit des einfachen Konfidenzbereichs von 40 % bzw. 20 % für einen Lage- bzw. Raumpunkt, werden die Halbachsen i.d.R. unter der Annahme der Normalverteilung mit einem Quantil der $\chi^2_n$-Verteilung skaliert, sodass sich ein vergrößerter Konfidenzbereich mit einer entsprechend höheren Sicherheitswahrscheinlichkeit ergibt. In JAG3D wird die Sicherheitswahrscheinlichkeit $\left(1 - \alpha\right)$ als Gegenwahrscheinlichkeit aus der gewählten [[:least-squares-adjustment:outlier#teststatistik|Irrtumswahrscheinlichkeit]] $\alpha$ abgeleitet.
  
  
 ===== Redundanzanteil ===== ===== Redundanzanteil =====
  
-Ein Maß für die Kontrolliertheit liefert die Redundanzmatrix $\mathbf{R}$+Ein Maß für die Kontrollierbarkeit von unkorrelierten Beobachtungen liefert die Redundanzmatrix $\mathbf{R}$
  
 $$\mathbf{R} = \mathbf{Q_{vv}P}$$ $$\mathbf{R} = \mathbf{Q_{vv}P}$$
  
-worin $\mathbf{P}$ die Gewichtsmatrix des [[:least-squares-adjustment#stochastisches_modell|stochastischen Modells]] und $\mathbf{Q_{vv}}$ die Kofaktormatrix der Beobachtungsresiduen sind. Auf der Hauptdiagonalen von $\mathbf{R}$ stehen die sogenannten Redundanzanteile $r_i$ für jede Beobachtung. Der Redundanzanteil $r_i$ einer Beobachtung ist ein normiertes Maß und zeigt an, wie gut die betreffende Beobachtung durch die übrigen Beobachtungen kontrolliert wird. Während ein Redundanzanteil von $r_i = 0$ bedeutet, dass die Beobachtung nicht kontrolliert ist, repräsentiert $r_i = 1$ eine vollständige Kontrolle. Gelegentlich wird $r_i$ in Prozent angeben und durch den Parameter $EV_i [\%] = 100 \cdot r_i$ ausgedrückt. Als Faustregel für den Redundanzanteile $r_i$ gilt:+worin $\mathbf{P}$ die (diagonale) Gewichtsmatrix des [[:least-squares-adjustment#stochastisches_modell|stochastischen Modells]] und $\mathbf{Q_{vv}}$ die Kofaktormatrix der Beobachtungsresiduen sind. Auf der Hauptdiagonalen von $\mathbf{R}$ stehen die sogenannten Redundanzanteile $r_i$ für jede Beobachtung. Für stochastisch unabhängige Beobachtungen stellt der Redundanzanteil $r_i$ einer Beobachtung ein normiertes Zuverlässigkeitsmaß dar und zeigt an, wie gut die betreffende Beobachtung durch die übrigen Beobachtungen kontrolliert wird. Während ein Redundanzanteil von $r_i = 0$ bedeutet, dass die Beobachtung nicht kontrolliert ist, repräsentiert $r_i = 1$ eine vollständige Kontrolle. Gelegentlich wird $r_i$ in Prozent angeben und durch den Parameter $EV_i [\%] = 100 \cdot r_i$ ausgedrückt. Als Faustregel für den Redundanzanteile $r_i$ gilt:
   * $0.0 \leq r_i \lt  0.1$ → schlecht kontrolliert,   * $0.0 \leq r_i \lt  0.1$ → schlecht kontrolliert,
   * $0.1 \leq r_i \lt  0.3$ → ausreichend kontrolliert,   * $0.1 \leq r_i \lt  0.3$ → ausreichend kontrolliert,
Zeile 116: Zeile 116:
 wodurch noch einmal die Wichtigkeit eines redundanten Netzes unterstrichen wird. Die Auswirkungen einer geschätzten Modellstörung auf die relative Punktlage hängt somit direkt vom Grad der Überschüssigkeit $1 - r_i$ ab. Bei einem Redundanzanteil von $r_i = 0.9$ würden demnach nur 10 % der geschätzten Modellstörung $\nabla_i$ einen Einfluss auf die relative Punktlage der berührenden Punkte ausüben. wodurch noch einmal die Wichtigkeit eines redundanten Netzes unterstrichen wird. Die Auswirkungen einer geschätzten Modellstörung auf die relative Punktlage hängt somit direkt vom Grad der Überschüssigkeit $1 - r_i$ ab. Bei einem Redundanzanteil von $r_i = 0.9$ würden demnach nur 10 % der geschätzten Modellstörung $\nabla_i$ einen Einfluss auf die relative Punktlage der berührenden Punkte ausüben.
  
-Der Einfluss auf die relative Punktlage $\mathbf{EP}$ sollte somit auch bei der Entscheidung, ob eine Beobachtung im Datenbestand verbleibt, berücksichtigt werden. Grenzwerte werden u.a. bei hoheitlichen Aufgaben von den Landesvermessungsbehörden festgesetzt. Für Liegenschaftsvermessungen in Baden-Württemberg(([[https://www.lgl-bw.de/lgl-internet/opencms/de/05_Geoinformation/Vorschriften/|Verwaltungsvorschrift für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen (LV-Vorschrift – VwVLV) vom 5. Dezember 2012]])) ist ein Grenzwert von 3 cm vorgesehen. Für Richtungsbeobachtungen oder Zenitwinkel ist $EP$ daher noch in eine Querabweichung umzurechnen.+Der Einfluss auf die relative Punktlage $\mathbf{EP}$ sollte somit auch bei der Entscheidung, ob eine Beobachtung im Datenbestand verbleibt, berücksichtigt werden. Grenzwerte werden u.a. bei hoheitlichen Aufgaben von den Landesvermessungsbehörden festgesetzt. Für Liegenschaftsvermessungen in Baden-Württemberg(([[https://www.lgl-bw.de/unsere-themen/Geoinformation/Vorschriften/|Verwaltungsvorschrift für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen (LV-Vorschrift – VwVLV) vom 5. Dezember 2012 - Az.: 44-2824.0/5 -]])) ist ein Grenzwert von 3 cm vorgesehen. Für Richtungsbeobachtungen oder Zenitwinkel ist $EP$ daher noch in eine Querabweichung umzurechnen.
  
  
Zeile 133: Zeile 133:
 $$\sigma^2_{P,\max} = \max(\tr \mathbf{Q}_{\mathbf{\hat x \hat x}_i}, i=1, 2 ,..., k)$$ $$\sigma^2_{P,\max} = \max(\tr \mathbf{Q}_{\mathbf{\hat x \hat x}_i}, i=1, 2 ,..., k)$$
  
-ergibt. Jäger et al. (2005) führen an, dass diese Einflussbemessung grundsätzlich überschätzt wird. Dennoch findet sich diese Kenngröße in den Verwaltungsvorschriften der Länder und ist bei der Netzbeurteilung mit zu berücksichtigen. In Baden-Württemberg(([[https://www.lgl-bw.de/lgl-internet/opencms/de/05_Geoinformation/Vorschriften/|Verwaltungsvorschrift für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen (LV-Vorschrift – VwVLV) vom 5. Dezember 2012]])) ist ein Grenzwert von 15 cm für Liegenschaftsvermessungen noch zulässig.+ergibt. Jäger et al. (2005) führen an, dass diese Einflussbemessung grundsätzlich überschätzt wird. Dennoch findet sich diese Kenngröße in den Verwaltungsvorschriften der Länder und ist bei der Netzbeurteilung mit zu berücksichtigen. In Baden-Württemberg(([[https://www.lgl-bw.de/unsere-themen/Geoinformation/Vorschriften/|Verwaltungsvorschrift für die Durchführung von Liegenschaftsvermessungen (LV-Vorschrift – VwVLV) vom 5. Dezember 2012 - Az.: 44-2824.0/5 -]])) ist ein Grenzwert von 15 cm für Liegenschaftsvermessungen noch zulässig.
least-squares-adjustment/reliability.1521366452.txt.gz · Zuletzt geändert: 2018/03/18 10:47 von Michael Lösler